Erdbeerwaisen/ Căpşunile şi Orfanii/ Strawberry Orphans
Eine Reise zu einer verlassenen Generation in Rumänien
Der Name ERDBEERWAISEN steht für eine Generation von Kindern in Rumänien, den dort jeder versteht. Es sind die EU-Waisen – 400.000 Kinder, deren Eltern das Land verlassen haben, um im Westen zu arbeiten. Die Kinder werden meist von Großeltern oder Nachbarn betreut oder aber sie bleiben alleine zurück. Die Elterngeneration, etwa ein Fünftel der erwerbstätigen rumänischen Bevölkerung, finanziert so nicht nur ihre eigene Familie, sondern stützt auch die staatliche Wirtschaft entscheidend. Mit den modernen Wanderarbeitern entsteht eine neue globale Billig-Lohn-Klasse, die in Deutschland unsichtbar allgegenwärtig ist, indem sie unsere Häuser putzt, unsere Eltern pflegt und unsere Erdbeeren erntet.
Was bedeutet dies für Familien- und Gesellschaftsstrukturen in Rumänien, wenn nahezu eine ganze Generation migriert, auf der Suche nach Arbeit? Und was passiert mit einer Großelterngeneration, die die Familie stützt bis zum eigenen Ende? Wer trägt welche Verantwortung für diese europäischen Arbeitsmodelle?
Erdbeerwaisen ist eine Produktion von werkgruppe2 im Auftrag des Nationaltheaters Marin Sorescu Craiova und des Staatstheaters Braunschweig für das internationale Kooperationsprojekt „The Art of Ageing“ der European Theatre Convention.
Presse:
Teilweise sind die Szenen überspitzt, die Figuren und Texte überzeichnet, dennoch hangelt sich das Stück stets spürbar an seiner Grundlage in der realen Welt entlang. Dass das gelingt und einen lohnenswerten Theaterabend ergibt, liegt daran, dass er nicht versucht, die Erdbeerwaisen mit erhobenen Zeigefinger als Symptom eines alles zerfressenden Kapitalismus zu inszenieren, der verbrannte Erde hinterlässt – obwohl diese Diagnose über allem schwebt. Dass sie aber nicht explizit artikuliert wird, sondern in ein Mosaik aus bewegenden Einzelschicksalen zersprengt, verschiebt den Fokus von der Weltpolitik hin zu der Frage, was genau es eigentlich mit den Menschen, ihren Beziehungen untereinander, ja tatsächlich mit einer ganzen Generation macht, wenn die Eltern fehlen.
nachtkritik.de
Zwei vielseitige Braunschweiger Charakterdarsteller, Sven Hönig und Oliver Simon, machen die Premiere in der Hausbar zu einem eindringlichen Erlebnis, gemeinsam mit zwei wunderbaren rumänischen Kolleginnen vom Nationaltheater Craiova, Gina Calinoiu und Gabriela Baciu. Einfühlsam, facettenreich, meist unaufdringlich, manchmal drastisch [...]. So zeichnen die vier Darsteller mit wenigen Requisiten, aber viel Schauspielkunst und spürbarem Engagement anrührende Porträts, die gerade in ihrer Unaufdringlichkeit berühren. Kim Eferts gut dosierte Bühnenmusik trägt zur dichten Atmosphäre des Abends bei.
Braunschweiger Zeitung
Die Hausbar des Staatstheaters ist ein guter Raum für intime Geschichten. Es ist eng. Das von Gabriela Baciu, Gina Calinoiu, Sven Hönig und Oliver Simon auf karger Bühne (nur ein großer Pappkarton dient als Kleiderschrank) gespielte Extrakt der Fragen und Antworten aus den Interviewprotokollen rührt durchaus. Da sind aus allen Generationsperspektiven intensive, ja schmerzliche Szenen dabei. Die vielleicht stärksten an diesem Abend hat Sven Hönig, weil sie das Dilemma, das die Entscheidung gegen die eigene Familie aus wirtschaftlicher Zwangslage heraus zur Folge hat, am deutlichsten aufzeigen.
Neue Braunschweiger